Ich merke schon, dass Mayas Kontakt zur Außenwelt sich vermehrt in Berliner Kaufhäusern abspielt. Im August regte sie sich schon über Lebkuchen auf. Im September fotografierte sie Mode-Mäuschen in der Galerie Lafayette. Letzte Woche trieb dann eine harmlose Weihnachtsaktionsfläche die kleine November-Blues-Leidende in den Manic-Maya-Modus. Ich amüsierte mich köstlich über ihre Übertreibungen im Hinblick auf Adventskalender. Da Chloe auf dem Land keine Kaufhäuser kennt, kommt sie auch erst gar nicht in die Versuchung, neueste Abarten des Kommerz zu sehen. Als Kind der Straße bin ich hingegen anderen optischen Gefahren ausgesetzt. Nur einen Tag nachdem ich Mayas Artikel las, geriet ich selbst in den Choleric-Chloe-Modus! Warum zum Teufel muss man sein ganzes Haus derart aufpimpen?
In realiter kommt das schwäbische Häusle noch imposanter herüber (leider musste ich diese Aufnahme mal wieder wie beim Mega-Marker aus dem Auto heraus schießen). Auf der Vorderseite des Einfamiliendomizils verbergen sich noch weitere Kunstfiguren und Krippen in extravagantem Glühbirnenkleid. Wie passt bloß diese Stromverschwendungsmentalität zu den Millionen von Photovoltanikanlagen, die die öko-subventionierten Häuslebauer auf ihre Dächer stellen?
Nun gut, vielleicht wollen diese Bewohner mit dem Gorleben-Sondermüll-Happening lediglich ihre Kinder beruhigen: Der Weihnachtsmann kommt auch bis ans Ende der Welt mit seinem Schlitten angeflogen. Er kann dieses Leuchtsignal doch gar nicht übersehen! Stellt schon mal Milch und Kekse an den Kamin…
Rudolph the Red-Nosed Reindeer scheint inzwischen bekannter als Knecht Rupprecht. Über die Amerikanisierung in und um Deutschlands Stuben herum hat sich Maya ja bereits in ihrem Anti-Anti-Halloween-Beitrag geäußert. Aber ich muss nun doch noch was loswerden:
Ist das die provinzielle Globalisierung einer USA-Ghetto-Disco/House/Black/Latino-Braut? Wie kann man nur – neben dem wohl ernsthaft positiv gemeinten Spruch „All mixed up“ – mit so einem Plakat werben! Und gibt es dafür tatsächlich ein Publikum? Wahrscheinlich ist der hiesige Begriff „Seehase“ lediglich eine sehr freie Übersetzung von „Playboy Bunny“. In solchen Momenten wünsche ich mir immer, dass Alice Schwarzer mit einer Spraydose gewappnet an mir vorbeirennt und der blonden Männerphantasie die Hörner aufsetzt. Aber das wird wohl immer ein Tagtraum bleiben. Seit Maya und Chloe Herrinnen der Blogstatistik sind, wissen sie, dass zu dieser Jahreszeit auch mal gerne nach
gesucht wird. Hallo? Wisst Ihr überhaupt, wie schmerzhaft eine Blasenentzündung ist? Legt Euch doch und Eure Prostata in die Kälte. Mal schauen, wie erotisch Ihr die Nachuntersuchung „emp“findet!
Aber zurück zur Weihnachtsbeleuchtung. Inzwischen kann ich mich davor nicht einmal mehr in meiner eigenen Dachgeschosswohnung schützen. Gestern wurde ich auf dem Weg zur Dusche von zwei Männern auf einem Hubwagen überrascht, die mir direkt in die Augen schauen konnten. Die Jungs mussten die für die kleine Stadt völlig überdimensionierte Tanne mit Glühbirnen einkleiden. Ein anderer Feuerwehrtrupp war mit der festlichen Leuchtdekoration zwischen den Straßenlaternen beschäftigt. Und ich damit, mir schnell ein T-Shirt überzuziehen…
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