Music Diary 2013

Ups – unter „Das Neueste“ steht tatsächlich noch der Link zum Jahresrückblick 2012.
Zugegeben – im letzten Jahr hat sich SpreeSee rar gemacht. Aber nur weil hier fast nichts zu hören/lesen war, heißt das nicht, dass es in der WG still war. Aus Chloes Zimmer dringt üblicherweise melancholisches Tango-Gesäusel – Insider behaupten gar, sie wolle demnächst selbst am Bandoneon herumquetschen. Ein Best of mayner Ohrwürmer 2013 habe ich im traditionellen musikalischen Jahresrückblick zusammengestellt:

Musikalischer Jahresrückblick 2013 by Popkonsulin on Mixcloud

Wahlkampf auf amerikanisch

Die Weltherrschaft der USA ist ungebrochen – zumindest in maynem Freundeskreis. Denn jedesmal, wenn der Präsidentschaftswahlkampf wieder losgeht, kann der Regisseur über kaum etwas anderes sprechen.

Eine neue Bekannte lobte ihn neulich: „Ich kann es kaum glauben, wir sind schon eine Stunde zusammen in dieser Bar und du hast  noch kein Wort über Obama gesagt…“. Damit war der Wahlkampf-Waffenstillstand natürlich vorbei und es ging wieder los.

Als könnten wir alle in den USA wählen, bekommen wir Obamas Verdienste eingehämmert. Gegenargumente, wie die gescheiterte Guantanamo-Schließung werden einfach beiseite gewischt. Das verlorene erste TV-Duell? Taktik! Und alles was ich zum Thema  sage, wird mit dem Totschlag-Argument: „Komm schon Maya, du warst damals eh für HILLARY!“ entkräftet.

Schade ist nur, dass wir über Wahlkampf im eigenen Land – auf welcher Ebene auch immer – selten mit soviel Spaß und Engagement diskutieren, obwohl wir hier ja als Wähler tatsächlich Adressaten sind. Klar sprechen wir darüber, aber es ist kein den gesamten Alltag durchdringendes Thema und wegen der Zurückhaltung der Kulturschaffenden ist Wahlkampf in Deutschland viel weniger interessant. Einerseits sind wir als gut gebildete Staatsbürger natürlich froh, dass es bei uns um Programme  und nicht so  sehr um Performance in den Medien geht. Andererseits kann es nicht schaden, wenn Politik unterhaltsam ist  und Aufmerksamkeit erregt, denn irgendwie muss man die Leute ja auch in die Wahlkabine kriegen.

Wer macht also bei uns den Clint Eastwood und quatscht mit nem Stuhl? Wer ist unsere Scarlett Johansson und bekennt sich öffentlich, berührend und verständlich zu seiner Wahlentscheidung?

Und wer verbreitet bei uns soviel Spaß und gute Laune, wenn es um Frauenrechte geht, wie diese Ladys?

„You Don’t Own Me“ PSA -Official from You Don’t Own Me on Vimeo.

Selbstverständlich ist es eher kitschig als pragmatisch, aber vermutlich auch sehr viel wirksamer als ein trockenes Thesenpapier.

Feiste Appetithappen

SpreeSee ist begeistert von Leslie Feist. Neulich diente sie Chloe als Style-Vorbild in Sachen Frisur. Hautptsächlich verehren wir sie aber natürlich wegen ihrer Musik.  Stimme, Songwriting,  Arrangements der beeindruckenden Frau sind einfach rundum gelungen und bewegend. Ihr Konzert, das Chloe und ich im Admiralspalast besucht haben, zählt definitiv zur Top 5 mayner persönlichen Live-Erlebnisse. Allerdings ist das schon ganz schön lange her – wenn ich mich richtig erinnere, war es 2007.

Jetzt gibt es endlich Neuigkeiten. Das neue Album „Metals“ erscheint am 30.9.2011 und damit geht Feist natürlich auch wieder auf Tour. Am 22.10. wird sie das Berliner Publikum im Tempodrom bezaubern. Ich freue mich riesig und begnüge mich bis dahin mit dem Vorgeschmack, den die kleinen Webisoden auf www.listentofeist.com liefern:

Der Sommer war eh nix besonderes, von mir aus kann der Herbst kommen – sofort!

Aufstehen!

Der Sommer und die offenen Fenster im SpreeSee-Domizil bringen so einiges mit sich. Chloe und ich mussten neulich fast einen Unfall verantworten, als wir vom Balkon aus ein frischverliebtes Pärchen gemeinsam ein Fahrrad nutzen sahen: „Wie süüüüß!“ kreischten wir, woraufhin der Junge jäh aus der Romantik aufwachte, den Lenker herumriss und beinahe samt Herzdame in ein parkendes Auto fiel. Nachts um vier winken wir dem Akkordeon-Spieler zu und Chloe hat sich wohl inzwischen daran gewöhnt von den Bässen der gegenüberliegenden Clubs in den Schlaf gewiegt und von den Trommlern geweckt zu werden. Soweit zu den Wochenenden.

Ich hingegen werde seit das Thermometer auf  „Schlafen mit offenem Fenster“ zeigt von einer Comic-mäßigen wabernden Duftwolke aus dem (Auf)Backofen des Störtebäckers in den Tag gelockt. Das macht einerseits schon früh am Morgen gute Laune und ein extrem heimeliges Gefühl, andererseits aber auch Hunger. Das übliche Maya-Morgenritual Kaffee und Nachrichten funktioniert deshalb nicht mehr ohne Kekse!!!  Da hilft nur eine Extraportion Bewegung. Also hüpfe ich ein wenig zu den Trommeln maynes aktuellen Ohrwurms herum und freue mich, dass ich nicht so albtraumhaft geweckt werde, wie der Nachthemdträger im Video… 

Happy Birthday Bob Dylan

How does it feeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeel?

Wie sich das wohl anfühlt, 70 und einer der  einflussreichsten Musiker der Gegenwart zu sein? Auf jeden Fall kann der Jubilar in den nächsten Wochen und Monaten noch einen ganzen Haufen Artikel über sich lesen. Falls er selbst nicht so genau weiß, wie es um ihn steht – Feuilletons und so ziemlich jedes Magazin, das auch nur irgendwas mit Kultur zu tun hat, haben sich zum 70. ausführlich mit dem großen alten Mann des Folk und Rock auseinandergesetzt.

Ich habe mich sogar aus diesem feierlichen Anlass dazu hinreißen lassen, mal wieder die Spex zu kaufen. Nur um

1. festzustellen, dass ich selbst nach 20 Semestern Geisteswissenschaften noch immer ein Fremdwörterbuch brauche, um die intellektuellen Leitwölfe des verfeinerten Musikgeschmacks zu verstehen;

2. nach Konsultation des orangefarbenen Dudens zu bemerken, dass auch der Besitz dessen bei dieser Lektüre gar nichts bringt, da die Spex-Leute sich ihre Fremdwörter einfach selber erfinden (das hat natürlich was und beruhigt mich);

3. letzendlich zu erkennen, dass die Redaktion ganz und gar nicht so originell ist, wie ich es erwartet hätte. Haben sie doch als Dylan-Geburtstags-Gaudi dazu aufgerufen, Protestsongs einzureichen – dies sei schließlich eine aussterbende Kunstform.

<gäääähhhn> Dank Chloes Leidenschaft fürs österreichische Radio, weiß ich zumindest von einem Protestsongcontest, den es es schon längst gibt.

Na ja. Zurück zum Mixtape für den seltsamen Jubilar, der in mayne musikalische Sammlung definitv durch die Hintertür gelangt ist – und damit gehöre ich garantiert zur Mehrzahl. Wer hört sich schon gerne einen Mann an, dessen nuschelige Singstimme wenig attraktiver ist als seine Sprechstimme und die klingt ja bekanntlich so:

Da ist es schon besser, dass andere sich um die Präsentation der schon seit Jahren nobelpreisverdächtigen Dylan’schen Lyrik kümmern, dann bekommt man wenigstens was mit. Bis ich dahinter kommen sollte, dass der damals schon reichlich verwitterte Bob Dylan verantwortlich für unzählige großartige Musikstücke war, musste ich 13 Jahre alt werden.

Once upon a time at teenage parties…

Das war ein Engtanz-Hit. Man musste wegen der Stücklänge nur furchtbar aufpassen nicht an den Falschen zu geraten. 10 Minuten himmlische Verzückung oder höllische Pein – die Pubertät eben! Aber diese Wirkung hatte Dylan vermutlich nicht beabsichtigt, also möchte ich ihn auch nicht für das ein oder andere Desaster verantwortlich machen.

Als dann auch noch Michelle Pfeiffer in Gangstas Paradise mit ihren Schülern Mr. Tambourine Man interpretierte, wurde ich so begierig, das Original besser kennenzulernen, dass ich mir eine Greatest Hits-CD besorgte.

Und dann hatte er mich – trotz Knarzestimme und Folkgitarre! Keine Ahnung, wie er das macht, bei mir funktionierts bis heute…

Mayn absoluter Dylan-Favorit bleibt trotzdem der Herzschmerz-Klassiker „It’s all over now Baby Blue“ und den singt keiner besser als Van Morrison…

Space-Mix

Was hat der Kalte Krieg uns nicht alles Tolles gebracht! Wettrüsten bis ins All zum Beispiel. So wissen wir bis heute nicht so richtig, wie wir uns vernünftig mit Energie versorgen, aber wir haben Pfannen, in denen kaum noch was anbrennen kann. Wenn das mal nichts ist. Aber nun ist schluss mit dem Zynismus, wir setzen unser Feiertagsgesicht auf und hören den Klang von Strauss‘ Crescendo –

heute vor 50 Jahren war Juri Gagarin als erster Mensch im Weltraum unterwegs. Einen besseren Anlass für ein  Raumfahrt-Mixtape gibt es nicht. Weiterlesen

Die zwei kann kein Wässerchen trüben…

I think I fell in love with you!

gestand Anja Caspary Joan Wasser – besser bekannt als Joan as Police woman – am Ende des großartigen Interviews auf Radio eins (gibt es zum Nachhören) heute Nachmittag.

Mir ging es fast genauso, dieses Gespräch mit der unglaublich lustigen, ein wenig verrückten, offenen und gut gelaunten Musikerin war einfach toll. Und sehr überraschend – denn ich hatte noch ihren melancholischen Hit Christobel aus dem Real Life Album im Ohr und eine ganz andere Person hinter dieser Musik vermutet.

Jetzt ist also das „Gute Laune Album“ da, das werde ich mir auf jeden Fall besorgen. Und wie dieses Energiebündel heute Abend ganz ohne Band performen wird, muss ich mir unbedingt anhören. Zum Glück überträgt Radio 1. Leider kann man sie nicht sehen, schließlich muss man doch voller Bewunderung zugeben, dass die Frau (nicht nur für ihre 40) unglaublich toll aussieht. Sie strahlt! Da ist ganz viel Chemmie drin.

Ein Rekorder voller Frühlingsgefühle

Die Zeit online hat eine wunderschöne Serie im Musik-Ressort. Den Rekorder. Hier werden Musiker vor die Kamera gezerrt um in seltsamen Umgebungen einen Song in abgespeckten oder Akustik-Versionen zu spielen – eine Art Mini-MTV unplugged/Straßenkonzert. Das könnte ich mir den ganzen Tag lang anhören und -sehen.

Dabei sind absolute Maya-Lieblinge wie Britpop Mann der ersten Stunde Brett Anderson, Adam Green und Jamie Lidell, der sich auf einer Parkbank die Seele aus dem Leib singt. Bonaparte-Head zeigt, ganz ohne Band aber in stilechter Pferdekoppel-Kulisse, dass es auch ohne Zirkusspektakel geht, das ist natürlich ein größerer Sprung als bei den eher konventionellen Videos von Gisbert zu Knyphausen und Phoenix. Sehr arty hat sich Hans Unstern (Achtung Chloe: Mann mit Bart und Intellekt) in Neukölln in Szene gesetzt. Mayn absolutes Lieblingsstück, weil es derzeit ohnehin ein Ohrwurm ist und so gut zur frühlingshaften Stimmung hier passt, ist ZAZ mit Je veux:

Keine Ahnung, warum manche sie als die französische Lena bezeichnen, schließlich kann diese Frau hier singen (sorry Lena) – und wie. Was für eine Wahnsinns-Stimme! Und der Text ist auch nicht zu verachten. Obwohl, wenn mir einer den Eiffelturm anbieten würde, könnte ich vielleicht schwach werden…

SpreeSee WG wird very Berlin

Keyser Soze, Donnerstagabend 22 Uhr, Jos Lars Soederbaum und Maya von der Spree trinken Rioja und beobachten eine fleißige Prostituierte, die im 20-Minutentakt Freier am Fenster der Bar vorbeiführt. Die spätsommerlichen Temperaturen scheinen die Geschäfte noch einmal ordentlich anzukurbeln.

Jos Lars Soderbaums Augen weiten sich mit Entsetzen als ich ihm eröffne:

Der Mietvertrag ist unterschrieben, Chloe und ich ziehen in die … die … die REVALER STRASSE.

Er ringt nach Fassung, schmunzelt dann aber:

Na super Mädels, mit 30 zieht ihr noch mal mitten auf den Kiez – das kann ja was werden. Wo denn, vor der Simon-Dach-Straße oder danach? Ich hätte einiges darauf gewettet, dass ihr nach Kreuzberg zieht.

Ich in Erklärungshaltung:

Wollten wir ja auch, aber die Wohnung war ein Überraschungsfund. Außerdem gucken wir direkt rüber nach Kreuzberg, haben das Schlesische Tor in Laufnähe und die U-Bahn-Station ist dann auch schon in Kreuzberg. Nur wir, wir sind dann halt – äääh – Friedrichshainerinnen. Daran muss ich mich auch noch gewöhnen.

Jos Lars tröstend:

Na das ist doch auch ganz schön, in ein paar Läden kann man da schon gehen. Den Touristenströme weicht ihr einfach aus und wenn ihr euch in die Party-Tram setzt, seid ihr auch ganz schnell an der Weinerei.

Ich berichte vom Wohnungsfundabend:

Ja – wir haben auch schon einen hervorragenden Dönerladen gefunden und eine kleine schöne Bar. Außerdem haben wir einen Späti unten im Haus und ein Tattoo-Studio!

Jos:

Super – dann passt mal auf, dass zur Partywohnung nicht auch noch das Tattoo als verspätete Jugendsünde kommt. Hm – Ob wir dann noch so oft hier unsere obligatorische Rotweinflasche leeren werden?

Ich werde plötzlich ganz unruhig und der Abschiedsschmerz nach 7 Jahren Leben in Mitte bricht durch:

Aber natürlich – ich brauche noch einen Koffer in Mitte. Wir müssen weiter herkommen!!! Diese Tradtion darf nicht enden.

Auf meinem Heimweg – zu Fuß durch die Auguststraße, vorbei an Tom’s Fritten und den völlig überdekorierten indischen Restaurants auf der Oranienburger, weiter durch die heißgeliebte Chausseestraße packt mich die Wehmut und ich fotografiere jeden Baum, die Post, die Hausnummer 106 in dem das Rio war und jetzt schicke Appartements auf Mieter warten und mayn Klingelschild. Das Ende einer Ära!

Am nächsten Morgen klingelt es an der Tür und ich nehme vom Postmann mayn ultimatives Mittekind-Kennzeichen entgegen: eine riesige Brille, die Clark Kent tragen könnte.

Genau rechtzeitig für den Absprung kommt dieses Accessoire. Chloe wischt mayne Bedenken schon seit Tagen mit dem Rat weg:

Dann findest du eben deine neue Mitte!

Da hat sie natürlich recht. Und Mitte hin – Friedrichshain her, WG mit 30 und der SpreeSee Beat, Bass und Stil ist zwar nicht mehr Retrocool in Mitte, aber immer noch Very Berlin…

Ob es so wie im Video auch bei uns aussehen wird?

Musik verstehen…

Ein Glück, dass es im fürchterlichen Einheitsbrei der Morgenfritzen und Mittagsspaßmacher der deutschen Radiolandschaft einige Lichtblicke gibt. Radioeins aus dem Haus des rbb wird von mir hier immer wieder gerne gelobt. Besonders schön finde ich den Umgang mit der Musik. Hier wird nämlich nicht nur das übliche Programm abgenudelt und mit dem Mainstream geschwommen, nein hier setzt man sich mit der ursprünglichsten aller Künste auseinander. Das höchste wissenschaftliche Niveau erreicht diese Beschäftigung, wenn Professor Hartmut Fladt die Hörer lehrt, Musik zu verstehen.

Ich hätte mir gewünscht nur einmal  einen Musiklehrer zuhören zu dürfen, der mit soviel Leidenschaft und Wissen so anschaulich über aktuelle Musik zu sprechen versteht.

Sehr hörenswert ist etwa seine kritische Betrachtung der Fußballhymne Waka Waka. (Ich habe bis heute nicht verstanden, warum sie das machen durfte.)

Ganz groß fand ich seine Analyse am Montag. Wie er die Blue Note vorführt, den Walking Bass aus No one  knows imitiert, den Zusammenhang mit dem Text erklärt und sich freut, einfach ein Knaller.